Dienstag, 30. Oktober 2007

Herbstliche Paarung

Violette Blätter
unterwandern gelbes Laub.
Herbstliche Paarung.

Der Flötenspieler
im Park färbt die Blätter gelb
mit steinernem Ton.

Donnerstag, 25. Oktober 2007

Seelenwanderung

Rote Grablichter
klettern hinter dem Friedhof
auf Kräne hinauf.

Mittwoch, 17. Oktober 2007

Flug über China

Wie Schriftzeichen
liegen die alten Dörfer
unter dem Flugzeug.

Die Sonne wandert
weit unten von Teich zu Teich,
die Ufer sprengend.

Flüssiges Metall
füllt die Teiche und Bäche,
tritt über Ufer.

Zwischen den Wolken.
Drüben ein rotes Sonnenband,
oben unten düster.

Samstag, 13. Oktober 2007

München

Die Abendsonne
saugt rasch das letzte Licht ab
aus diesem Tag.

Morgenlauf

Verschlossener Tag.
Meine Sprache humpelt
weit hinter mir her.

Flugzeuge weben
ein Netz aus Kondensstreifen
über den Himmel.

Hinter den Wolken
führt die Sonne heute nur
eine Randexistenz.

Die eine Katze
jagt der anderen hinterher.
Nur das Laub raschelt.

Die Wolkenränder
zeigen sich jetzt gelb entflammt
von ferner Sonne.

Die Sonne geht auf
als weißer Zwerg weit hinten.
Nichts wird bleiben.

Ein Blatt leuchtet auf.
Die Sonne kündigt sich an
mit zittriger Hand.

Der Morgen wechselt
sehr rasch Lichter und Farben.
Es wird nichts bleiben.

Nach kurzem Gastspiel
zieht sich die Sonne zurück.
Schattenloser Tag.

Dienstag, 9. Oktober 2007

Autofahrt

Die Sonne berührt
dort hinten kurz den Nebel.
Ein leeres Leuchten.

Im Nebel senkt sich
eine Krähe still herab
auf starren Flügeln.

Sonne durchflutet
jetzt die weiße Nebelschicht
schlägt Schatten herein.

Dort drüben leuchtet
das Gelb heller Zitronen.
Ein spätes Rapsfeld.

Weit oben Flugzeuge
auf parallelen Bahnen,
die rasch verwehen.

Rascheln und Knistern
braune Gerippe im Feld
getrockneter Mais.

(Karl Ika verabschiedet sich gelegentlich von jeder inneren Interpunktion, experimentiert mit den daraus entstehenden Scharnieren. Im Versuch, die Haiku bei allem nötigen (Ver-)Schweigen noch sprechender, vielsagender, zu machen.)

Montag, 8. Oktober 2007

In der Straßenbahn

Orange Kreise
über rosaroten Schuhen
ein Tritt ins Auge.

Morgenlauf

Die Morgenkälte
spreizt sich gegen die Sonne,
krallt sich an Hände.

Die Morgensonne
stemmt sich gegen die Kälte.
Weit draußen Wärme.

Roter Heuwender
rührt auf brauner Wiese um
die letzte Ernte.

Ein dunstiger Hof
zwängt die Morgensonne ein
auf nassen Halmen.

Wilde Kamille
trocknet aufrecht vor sich hin
süß und stechend.

Vielfingriges Laub
kriecht unter Bäumen umher,
im kreiselnden Wind.

In den Baumkronen
hockt die Sonne dicht an dicht.
Am Weg nur Splitter.

Nass glänzt das Gras,
die Sonne zerrt an Tropfen,
die zu schwer schon sind.

Ein Holzstoß knistert
in der Kälte vor sich hin,
schon grau wie Asche.

Das so satte Braun
der faulenden Mostäpfel,
ehe die Haut platzt.

Nun wirft die Sonne
ein Rechteck die Treppe hinab.
Noch dunkler unten.

Ein rotes Konzert
aus übervollen Rosen:
Die Blüten platzen.

oder

Die Rosen platzen
aus übervollen Blüten
ein rotes Konzert.

Efeu stemmt sich weg
vom Stein, in den die Kälte
für lange einzieht.

Sonntag, 7. Oktober 2007

Die Mücken

Die Mücken tanzen
still im hohen Gegenlicht.
Jede eine Sonne.

Freitag, 5. Oktober 2007

Morgenlauf

Wind zerrt an Blättern,
die längst schon im Gras liegen.
Vergebliche Müh´!

Sommersatte Krähen
stapfen wählerisch übers Feld,
in aller Schwärze.

Ein Blatt trudelt spät
auf feuchten Boden hinab,
wo alle schon sind.

Eine Schar Möwen
gibt der Wiese späten Glanz.
Sattes Weiß auf Braun.

Wiesenschnitt und Laub
bedecken jetzt diesen Weg.
Gedämpfte Schritte.

Eine Wagenspur
hat sich ins Feld gegraben.
Für lange vereint.

Eine Schicht Eicheln
knirscht unter meinen Schritten.
Zerbrochenes Braun.

Praktisch über Nacht
ist die Baumkrone verrutscht.
Ein gelber Teppich.

Die Blätter greifen
unter den Bäumen nach mir
mit bleichgrüner Haut.

Grasbüschel stemmen
sich unter Asphalt empor,
voll Sehnsucht nach Schnee.

Sonne und Regen
glätten den lehmigen Weg.
Grundierung für Schnee.

Mit schwarzen Spitzen
winkt Kraut zum Strom hinüber.
Erste Frostbisse.

Geschnittenes Gras
kocht in grünlichen Ballen
Sommerhitze aus.

Unter dem Ahorn
hat Laub nur eine Farbe:
Gelbrotbraunviolett.

Stein folgt auf Beton,
von Moos senkrecht besiedelt
in prekärer Lage.

Die Samenkrone
des Löwenzahns harrt noch aus.
Völlig vereinsamt.

Das Blau der Winde
hat noch der Sommer gemischt,
mit recht leichter Hand.

Laub krallt sich ans Blech,
reitet die Straße entlang
mit gelbem Flackern.

Donnerstag, 4. Oktober 2007

Am Balkon

Abends am Balkon
schmecken die Kräutern schon leer.
Der Sommer zieht aus.

Den Abendhimmel
durchzieht ein oranges Band,
jetzt von Grau bedrängt.

Die Leere in mir,
ein abgeerntetes Feld,
erstreckt sich sehr weit.

Diese kurzen Tage
enden mit herbstlichem Licht.
Ein letztes Flackern.

Was bleibt noch zu tun?
Die Ernte ist eingebracht,
schon längst außer Sicht.

Rasch schwindet das Licht
an diesem kurzen Abend,
und Kälte fällt ein.

Zu Schattenrissen
vor dunkelgrauem Himmel
werden die Kräuter.

Weit hinten leuchtet
noch etwas Orange am Himmel.
Die Abschiedsfarbe.

Der Sommer war groß.
Der Herbst führt in die Enge
des Winters hinein.

Zugabe von unterwegs:

Unter Obstbäumen
äst ein Pferdchen, von Birnen
und Laub beregnet.

(Karl Ika ist verunsichert. Sind diese Dreizeiler, die sehr rasch kommen, tatsächlich Haiku? Oder eher Epigramme, Aphorismen - oder schlichte Schnappschüsse?
Zeit, sich wieder etwas in die Theorie zu vertiefen und gelungene Haiku zu lesen...)

Montag, 1. Oktober 2007

Am stillen See

Gelb fließt ins Grün,
im Spiegel des stillen Sees.
Erste Herbstmischung.

Drei Enten queren
unschlüssig paddelnd den See,
mehren die Stille.

Dicht über dem See
fliegt die Ente südlich ab
nach plätscherndem Start.

Die Abendsonne
im Rücken, den See vor mir.
In Abschiedsstimmung.

Am Ufer leuchtet
weiß der Stamm einer Birke.
Schriftloses Papier.

Das Grün des Grases
sättigt sich im Abendlicht.
Nur ein paar Mal noch.

Einige Enten
schneiden Keile in den See.
Sie verfließen rasch.

Kreuz und quer irren
Enten draußen am See umher.
Bald ist es zu spät.

Der Flug des Vogels
führt ihn quer über den See
und aus meinem Blick.

Die Flügelspitzen
schlagen prasselnd aufs Wasser.
Schwerfälliger Start.

Wellenlinien
überziehen diesen See
mit Jahresringen.

Die Ruhe des Sees
erfüllt jetzt mein Inneres.
Und glättet mein Herz.

Abschied vom Wasser.
Der Herbst breitet sich aus,
von Tag zu Tag mehr.

Die Stoppelreihen
des Maisfeldes: Grau in Grau.
Nichts zum Verstecken.