Montag, 24. September 2007
Vorspiel im Sommer
Jakisnica, Pag
Sanfter Wellenschlag
öffnet stetig Blick auf Blick
unter das Wasser.
Löchrige Kiesel,
nackte Haut in einsamer Bucht.
Der Tag steht ganz still.
Seeigel am Strand,
zwischen den heißen Kieseln.
Stacheln ohne Gefahr.
Ein flacher Stein springt
nur zweimal über das Wasser.
Zu schwer seine Last.
Orangenschalen
am einsamen Kieselstrand.
Reste der Sonne.
Am plätschernden Meer
plötzlich lauter Wellenschlag.
Der Gruß einer Yacht.
Knisternde Steine
unter mir am Meeresgrund.
Ihr ewiges Gespräch.
Schrillgrüner Käfer
von reifen Trauben trinkt.
Die Hand zuckt zurück.
Stark pendelt das Netz,
die Spinne ruhig verharrt.
Achtloser Schritt nur.
Die Olivenbäume von Lun
Knorrige Oliven
stemmen sich gegen Geröll.
Geballte Geduld.
Eine Erinnerung
Pendelnd sinkt der Stein
tiefer durch oranges Wasser.
Kein Ende in Sicht.
Streit
Ein falsches Wort nur,
der Tag zerbricht in Scherben.
Wer sammelt sie auf?
Lun, Pag
Unten raspeln sie,
die Zikaden, und knarren.
Wieder so ein Tag.
Die Handvoll Mandeln,
die mein Frühstück heute war.
Bitter war keine.
Im Traubenschatten
beginnt der Tag nur langsam.
Stille wächst in mir.
Wie lebt man richtig?
Wie Hemingway: rauh, kreativ
- rechtzeitig ein Schuss?
Ein Haiku schreiben
ist wie Fotografieren
mit der Füllfeder.
Schafe, was fresst ihr?
Ich sehe hier nur Disteln,
überall Steine.
Köstlich der Apfel.
Lange schon herumgetragen,
fast schon vergessen.
Feigen frisch vom Baum,
viele aufgeplatzt. Ich muss
mit Wespen teilen.
Die Abendsonne,
zerhackt im Wellenflimmern.
Bald ist Untergang.
Gerührt von meiner
Ehrlichkeit berichtige
ich diese Rechnung.
Simuni, Pag
Die Glockenblume
am steinigen Simuni-Strand:
So reich an Knospen!
Die Augustsonne
wärmt meinen Bauch, in dem der
Mittagsfisch noch zuckt.
Nachts ein Gewitter.
Leere Flaschen am Balkon
rollen hin und her.
Wasser tropft auf Kies
von meinem alten Körper.
Die Steine glänzen!
Sonne bricht hervor,
dunkle Wolken werden weiß.
Weit draußen Regen.
Ein Sommerfeuer
macht die Macchia-Hänge
zur Kohlezeichnung.
Ein Vogel von rechts.
Drei, vier Flügel zähle ich.
Die Brille verlegt!
Punktierte Linien
auf Kieselsteinen am Meer.
Anfänge der Schrift?
Auf dem Schotterstrand
die Hälfte eines Seesterns.
Die zweite suchen?
Eine Scheibe Licht
liegt weit draußen am Meer.
Sonne aus Wolken.
Rosarot, Türkis
mischen sich im Wellenschlag:
Kitschige Natur!
Dudici, Pag
Steine rollen, von
Brandung geschoben, klackernd
über den Kiesstrand.
Aufgewühltes Meer
schäumt gleich vor meinen Füßen.
Ich schlafe rasch ein.
Klackernd und polternd
rollen Steine strandabwärts
und kommen zurück.
Des Meeres Mühle
macht meinen Körper müde.
Ich strecke mich aus.
Der stetige Wind
zermahlt die Geräusche.
Nur Brandung im Ohr.
Welle auf Welle
macht den Ozean vor uns klein.
Nur Schaum bleibt übrig.
Wachsende Brandung
netzt unsere Füße am Strand.
Wir bleiben liegen.
Pager Macchia
hat ihre Landkarte in
meine Haut geritzt.
Die Augen halb zu,
flirrende Wellen im Blick.
Bin wie gestrandet.
Die Wellen brechen
mit dumpfen Schlägen am Kies.
Mein Herz passt sich an.
Zischend versickert
die Welle schließlich im Kies.
Sie erreicht mich nicht.
Endlos prallt das Meer
gegen diese kleine Bucht.
Und das lange noch.
Das dunkle Dröhnen
manch tiefpflügender Welle
geht mir durch und durch.
Das dröhnende Meer
hat unser Gespräch verschluckt.
Endlich ist es still.
Wenn ich dann weg bin,
ändert das Meer den Rhythmus.
Es sieht erschöpft aus.
Lun, Pag
Ein erdiger Keller.
Luner Straße nach Regen.
Der selbe Geruch.
Ah, da bist Du ja,
sagt der Tod - und er holt
mit der Sense aus.
(Nach einer chinesischen Parabel)
Im Sommerregen
laufe ich dem Gewitter nach,
paar Blitze fangen.
Ika, Opatija Riviera
Eine Kiwifrucht
verfault am Boden liegend.
Sich selbst zerdrückend.
Der Name Ika.
Verdreht. Verkürzte Flöte.
Nicht aus Ton. Auf Stein.
(Okarina)
Schwalben überm Meer.
Unten ihr Spiegelbild, mit
gekappten Flügeln.
Schwalben in der Bucht.
Aufgeregtes Gezwitscher
vor den Tiefflügen.
Die Sonne brennt her.
Gespannte Haut erinnert
an Tage davor.
Das Wasser plätschert
so vor sich hin. Ich schaue
ihm tatenlos zu.
Salzgeruch am Meer
erinnert mich an zuhaus:
frisch gestreuter Weg.
Das Meer hier duftet
intensiv nach reinem Salz.
Ein weißer Geruch.
Ein Haken im Fels,
immer wieder überspült,
rostet seit Jahren.
Zwei Köpfe schaukeln
dort draußen, ganz ohne Körper,
separiert im Meer.
Über mir Schwalben,
unermüdlich auf der Jagd.
Ich träume weiter.
Der Duft der Trüffel
auf den Fuzi schält meine
Kopfhaut wohlig ab.
Dunkle Wolken schräg
über mir. Gibt es Regen, so
decke ich mich zu.
Süß duften Trüffeln,
frisch gehobelt auf Fuzi,
und auch wie Muskat.
Einfach daliegen
und lange Zeit aufs Meer schauen.
Wohltuende Leere.
Tanzend verschmelzen
Wellenberge und -täler.
Dieses Geflimmer!
Schwalben im Tiefflug.
Das Wetter wird wohl recht mies,
hektisch wie sie sind.
Eine Schwalbe saust
dicht an mir vorbei. Und schnappt
die satte Mücke.
Ika
Zwei Tauben trinken
von Resten des Duschwassers
am Strand von Ika.
Schon etwas kühler
hier am dritten September.
Sommer im Rückzug.
Ein erstes Herbstblatt
treibt gelb in Ufernähe.
Ein Fremdkörper noch.
Das klare Wasser
fängt meine Blicke nicht auf,
lässt tief sie fallen.
Tagträumen am Meer.
Auf Beton wie Zuckerguss
die Wellenreste.
Flut schleicht sich heran,
lässt meine Dinge treiben.
Ich verschlafe es.
So klar das Wasser,
als wäre es gar nicht da.
Wie tief falle ich?
Stunde um Stunde
ziehen Boote vorüber,
weit draußen am Meer.
Schwalben auf der Jagd,
ganz knapp über dem Wasser.
Ein Fisch springt empor.
Ein Vogel zetert
über mir im Lorbeerbaum.
Ich kann nichts dafür.
Ein Hund keift und kläfft
so ohne Sinn vor sich hin.
Des Lebens müde?
Ein sanftes Plätschern
erfüllt das Meeresklischee
mit echtem Leben.
Die Wellen haben
ein Blatt bei mir abgelegt.
Noch grün die Eiche.
In der Ika-Bucht
sammeln die Schwalben Futter
so rasch sie können.
Es sagt mir heute,
dass ein Gewitter aufzieht,
die Jagd der Schwalben.
Eckig scheint der Flug
der Schwalben in dieser Bucht.
Flüchtige Beute.
Eine Wolke kühlt
meinen versengten Körper
nur zwei Minuten.
Der Tanz der Schwalben
zerteilt den Mittagshimmel
in blaue Schleifen.
Eine Schwalbe raschelt
direkt an meinem Kopf vorbei.
Zu eng die Kurve!
Sturzflug ins Wasser,
jedenfalls knapp, ein Haken
in letzter Sekunde.
Abschied von Ika
Die Enge in mir
dehnt sich aus und verdrängt mich
fast ganz an den Rand.
Mitten in Nacht
betrete ich sie stolpernd,
die Leere in mir.
Der Alltag bedrängt
mich im Voraus. Bald hetze
ich ihm hinterher.
Reste von Träumen
drehen sich noch tief in mir,
langsam um sich selbst.
Reste von Träumen,
an Spinnenfäden hängend,
drehen sich im Kreis.
Triest
Triest spendet Trost
mit später Sommersonne.
Wolken ziehen auf.
Wolken öffnen sich.
Auf regennassem Balkon
eine Flut von Licht.
Wolkengetümmel
in allen Schattierungen
am Regenabend.
Im Innviertel
Über die Wiese
springt hurtig das Eichkätzchen.
Bogen für Bogen.
Mit bestem Dank für Inspiration und Anleitung an Jan Ulenbrook, Haiku, Japanische Dreizeiler, Reclam.
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